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Freitag, 01.08.2025
Die „Landsmannschaft Thuringia Berlin“ im „Coburger Convent“ hat am 27. Juli 2025 ein ehemaliges Mitglied verloren: Horst Mahler ist tot. Mahler wurde bei der „Thuringia“ 1953/54 „aktiv“. Er war „Erstchargierter“ und „schlug“ insgesamt sechs „Mensuren“.
Erst 1997 fand Mahler zu seinen Ursprüngen zurück. Nach Umwegen über FDJ, SDS, SPD, RAF und Jordanien, aber nicht Südjemen, wurde er 1974 aus der RAF ausgeschlossen.
Horst Mahler war linker Rechtsanwalt und wurde selbst verteidigt von Hans-Christian Ströbele, Otto Schily und Gerhard Schröder, der ihn 1980 nach zehn Jahren aus dem Knast holte. Danach sympathisierte Mahler mit Grünen und FDP.
Schließlich landete der Horst bei der NPD, bis diese 2003 nicht verboten wurde. Es folgten Jahre der Nazihetze und Holocaust-Leugnung – und immer wieder Knast. 2009 wurde Mahler schließlich zu insgesamt zwölf Jahren verurteilt.
Während einer krankheitsbedingten Haftunterbrechung floh Mahler nach Ungarn, nach einer Sepsis einbeinig. Von Orbán abgeschoben zurück in der JVA an der Havel wurde ihm auch noch der rechte Unterschenkel amputiert. Immerhin, deutsch grüßen konnte Mahler bis zum Schluss. -
Samstag, 02.08.2025
Für Antifas ist Arndt Novak ein alter Bekannter. Spätestens, seit er im Zuge des Potsdam-Treffens am 25. November 2023 vier Tage später von Antifas der Öffentlichkeit und damit auch der Presse vorgestellt wurde. Die Recherchen wurden von Correctiv aufgegriffen und bewirkten Massendemonstrationen. Aber vermutlich weil bis heute unklar ist, wer alles von der „Münchner Burschenschaft Danubia“ in der „Deutschen Burschenschaft“ in Potsdam war, stand Arndt Novak nicht im Fokus der Presseöffentlichkeit.
Im Fokus antifaschistischer Gruppen ist Arndt Novak auch wegen seiner familiären Verbindungen zur „Mörig-Sippe“. Vom 15. bis 20. August 2016 nahm er an der „Sommeruniversität“ der französischen „Génération Identitaire“ in Domaine de Bens/Ecurie du Sappey en Chartreuse bei Grenoble in der Region Rhône-Alpes teil. Hier lernte Novak seine heutige Ehefrau Wiebke Mörig kennen, die Tochter des Potsdam-Organisators Gernot Mörig.
Zu Hause in Bayern war Arndt Novak in der „Identitären Bewegung“ organisiert. Damals war Nils Altmieks (heute: Nils Müller) deutscher IB-Vorsitzender. In Bayern war Novaks späterer Schwager Sebastian Zeilinger (Ehefrau: Inka Mörig) IB-Vorsitzender. Der Vorsitzende des Münchner IB-Ortsverbands war Paul Zeddies (Bruder: Ludwig Zeddies).
Arndt Novak nahm in seiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender der Münchner IB-Ortsgruppe zusammen mit Paul Zeddies am 4. März 2016 als Vertreter für München und Mangfalltal am „Deutschlandtreffen“ der „Identitären Bewegung“ auf Burg Lohra in Thüringen teil. Bei diesem bis zum 6. März dauernden IB-Treffen wurde Sebastian Zeilinger zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt.
Die beiden Münchner IB-Aktivisten reisten noch vor dem offiziellen Ende des „Deutschlandtreffens“ ab und nahmen bereits am 5. März an einem IB-Vernetzungstreffen in Prag teil. Die IB-Bayern wurde zu diesem Zeitpunkt bereits seit einem Monat vom „Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz“ beobachtet.
Heute ist Arndt Novak Rechtsreferendar am Landgericht in Passau. Dort fand am 3. Juli 2025 eine Demo gegen den Nazireferendar statt. Doch Arndt Novaks Name durfte auf der antifaschistischen Demonstration nicht genannt werden.
Untersagt wurde dies durch das Bayerische Verwaltungsgericht in Regensburg. In seinem Antrag „Vorläufiger Rechtsschutz; Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO“ vom 2. Juli 2025 schrieb Arndt Novak wissentlich die Unwahrheit:
„Der 1996 geborene Antragsteller nahm zwischen Sommer 2013 bis Juni 2017 in seiner Freizeit an Veranstaltungen der Identitären Bewegung teil. Im Zuge dessen hielt er bei einer Kundgebung im Jahr 2016 eine Rede anlässlich des Todes eines französischen Priesters, der durch den Islamischen Staat zuzurechnende Terroristen enthauptet wurde. Er hatte jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Führungsposition innerhalb der Identitären Bewegung inne.“ -
Sonntag, 03.08.2025
Die thüringische Landesregierung hat die Beauftragtenstelle gegen Antiziganismus nicht wiederbesetzt, wie die linke Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss in ihrer Pressemitteilung vom 30. Juli schreibt: „Sie kritisiert scharf, dass die unter der rot-rot-grünen Landesregierung eingerichtete Beauftragtenstelle gegen Antiziganismus von der aktuellen CDU-BSW-SPD-Koalition ersatzlos gestrichen wurde: ,Unter Rot-Rot-Grün war die Stelle direkt im Justizministerium angesiedelt. Mit ihrer Streichung entzieht die neue Landesregierung der Auseinandersetzung mit Antiziganismus die notwendige institutionelle Verankerung. Das ist nicht nur ein verheerendes Signal an die betroffenen Verbände und Organisationen, sondern offenbart auch eine politische Ignoranz gegenüber der historischen wie gegenwärtigen Realität antiziganistischer Diskriminierung. Diese Entscheidung wirft zudem grundsätzliche Fragen zum historischen Bewusstsein der Regierungskoalition auf.‘“
Anlass der Pressemitteilung ist der Europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma am 2. August: „In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wurden mehr als 3.000 Roma – Männer, Frauen und Kinder – in Auschwitz-Birkenau ermordet. Diese Gräueltaten waren eines der dunkelsten Kapitel des Holocausts an den Roma, in dessen Verlauf bis zu 500.000 Roma vom Nazi-Regime verfolgt und getötet wurden. Dieses Jahr ist es zehn Jahre her, dass der 2. August offiziell als Europäischer Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma anerkannt wurde. Diese längst überfällige Anerkennung war im jahrzehntelangen Kampf gegen das Schweigen und Leugnen ein entscheidender Schritt, um den Roma-Gemeinschaften im Gedenken an das von ihnen durchlebte Leid Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.“
Schon die letzte Linke-SPD-Grünen-Koalition hatte das Amt der Antiziganismusbeauftragten mit Doreen Denstädt nur formal besetzt. Die grüne Politikerin wirbt für sich „[a]ls Schwarze Ostdeutsche Frau“ mit „Erfahrungen, die ich in der Verwaltung und in der Regierung gesammelt habe“. Mit Erfahrungen in der Verwaltung dürfte ihre Zeit als Polizeihauptkommissarin und Sachbearbeiterin in der Polizeivertrauensstelle im Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales und mit Erfahrungen in der Regierung jene als Thüringer Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz gemeint sein. Denstädts selbstherrliches Motto auf LinkedIn lautet heute: „Ohne Fehler kein Lerneffekt.“
Anderer Leute Erfahrung mit Doreen Denstädt in Justiz, Regierung und Partei taugen nicht für ihre Eigenwerbung. Zum Beispiel im Fall des rassistischen und frauenfeindlichen Richters aus Westdeutschland Bengt Fuchs. Nach ihrem initialen Statement, wonach sie „die Vorwürfe betreffend des außerdienstlichen Verhaltens mit Irritation und Erschütterung zur Kenntnis genommen“ habe, schwieg die Justizministerin. Was hätte sie angesichts des Bundesverwaltungsgerichtsurteils vom 29. Juni 1995 (Az.: BVerwG 2 C 10/93) auch anderes tun sollen? Sie hatte ja eine Fürsorgepflicht für den Rechtsradikalen.
Aber geschwiegen hat auch die Migrationsministerin und die Antiziganismusbeauftragte Doreen Denstädt zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft – ihrer Staatsanwaltschaft – wegen antiziganistischer Volksverhetzung gegen Richter Bengt Fuchs. Der hatte sarkastisch „Rotationseuropäer mit Eigentumszuordnungsschwäche“ als Bezeichnung für Sinti und Roma vorgeschlagen. Damit hat er nach Ansicht der 3. Strafkammer des Landgerichts Gera „unzweifelhaft die Volksgruppe der Sinti und Roma verächtlich gemacht“. Aber in Thüringen soll das nach Willen des Landgerichts keine Volksverhetzung sein, da es keinen „Angriff auf die Menschenwürde des betroffenen Bevölkerungsteils“ darstelle, wenn er „als reisende Diebesbande verunglimpft“ werde. Die Thüringer Justiz- und Migrationsministerinnen schweigen zu alledem, heißen sie nun Doreen Denstädt von den Grünen oder Beate Meißner von der CDU, und eine Antiziganismusbeauftragte gibt es in Thüringen nicht mehr. -
Montag, 04.08.2025
Das antifaschistische Kollektiv „IfS dichtmachen“, welches die Schließung von Götz Kubitscheks Nazithinktank „Institut für Staatspolitik“ fordert, informiert mit einem Rechercheartikel über eine „neurechte“ Buchmesse in Halle. Die Buchmesse unter dem Namen „Seitenwechsel“ ist vom am 8. und 9. November 2025 in der Halle Messe geplant.
Die Wahl des Tags der Novemberpogrome von 1938 dürfte kein Zufall sein. Denn organisiert wird die Buchmesse in Sachsen-Anhalt von der Dresdner Buchhändlerin und Stadträtin Susanne Dagen. Als Reaktion wurde in Halle das „Wir…“-Festival angekündigt – eine parallel zur Buchmesse stattfindende Veranstaltungsreihe progressiver BuchhändlerInnen.
Nachdem die „Neue Rechte“ auf der Frankfurter Buchmesse 2017 einen Skandal provozierte, positionierte Susanne Dagen sich im Börsenblatt radikal rechts. Seit Mai 2018 moderiert sie die Podcastreihe „Aufgeblättert. Zugeschlagen – Mit Rechten lesen“ auf YouTube zusammen mit Kubitscheks Ehefrau Ellen Kositza.
Susanne Dagen wurde daraufhin von dem Seminar „Die neue Mitte? Rechte Ideologien und Bewegungen in Europa“ vom 17. bis 19. September 2018 im Dresdner Hygiene-Museum ausgeschlossen, wogegen sie erfolgreich klagte. Ihr grinsender Anwalt: Maximilian Krah.
Von März 2018 bis zur ihrer Stadtratskandidatur war Susanne Dagen Mitglied des Kuratoriums der AfD-nahen „Desiderius-Erasmus-Stiftung“ (DES). Zwar wurde Dagen auf dem Ticket der „Freien Wählervereinigung“ (FWV, 5,3%, 4 Sitze) am 26. Mai 2019 in den Dresdner Stadtrat (insgesamt 70 Sitze) und dem Stadtbezirksbeirat von Dresden-Loschwitz gewählt und ist auch weiterhin dort FWV-Mitglied, doch seit August 2024 gehört sie zusätzlich der AfD-Stadtratsfraktion (AfD, 17,1%, 12 Sitze) an.
Bereits 2019 organisierte Susanne Dagen kurz vor der sächsischen Landtagswahl eine Veranstaltungsreihe in ihrem „Buchhaus Loschwitz“. Unter dem Titel „Landtagswahl 2019 – was kommt? Der erste Abend“ ließ sie am 27. September Ralf Berger, der bis Anfang 2025 der Präsident des sächsischen Landesamts für Schule und Bildung war, mit Michael Schober von der sächsischen AfD diskutieren. Schober wurde als „Oberschullehrer für Physik und Mathematik“ sowie Mitglied des „Landesfachausschusses Bildung, Wissenschaft, Kultur und Medien“ der AfD angekündigt. Im April 2021 gab es einen Anschlag mit Buttersäure und Pyrotechnik auf das „Buchhaus Loschwitz“.
Unter den „Austelleranzeigen“ der „Seitenwechsel“-Buchmesse 2025 befinden sich der „Ahriman-Verlag“ des „Bund gegen Anpassung“, einer Freiburger Nazisekte. Außerdem zwei rechtsradikale Verlage des „EinProzent“-Gründers Philip Stein von der „Marburger Burschenschaft Germania“ in der „Deutschen Burschenschaft“: Der „Jungeuropa Verlag“ und der „Oikos Verlag“. Auch vertreten ist der „Gehrhard Hess Verlag“ des ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten Volker Münz. Zudem werben die „Hydra Comics“, die ihre „politisch unkorrekten Bildgeschichten“ von Tommy Frencks „Druck 18“-Versand und Sascha Krolzigs „Sturmzeichen-Verlag & Versand“ vertreiben lassen.
Als „Medienpartner“ von Susanne Dagens Buchmesse fungieren „Tichys Einblick“, der rechtsradikale Hetzblog von Roland Tichy, und „Kontrafunk“, ein rechtsradikales und Putin-freundliches Internetradio des deutsch-schweizerischen Journalisten Burkhard Müller-Ullrich. Müller-Ullrich ist seit 2017 AfD-Mitglied und -Spender und war 2024 DES-Referent.
Presse: DLF | TS | RBB | DNN | MZ 1 | MZ 2 | MDR 1 | MDR 2 -
Dienstag, 05.08.2025
Das dokunetzwerk rhein main hat eine Nazikundgebung von 16 Nazis (bei 450 GegendemonstrantInnen) in Würzburg dokumentiert:
„Unter dem Motto »Europa erwache! Brecht die Knechtschaft der EU!« mobilisierten die Nationaldemokratische Partei (NPD), Revolte Franken sowie Division Franken zu dieser Versammlung. Nachdem vorab drei Versammlungsleiter von der Versammlungsbehörde Würzburg abgelehnt wurden, fungierte Tim Belz aus Baden-Württemberg als Anmelder. Belz sitzt als Beisitzer im Bundesvorstand der NPD. Vor Ort durften Teilnehmende einzelne Kundgebungsmittel nicht nutzen. Zum Beispiel musste eine schwarz-weiß-rote Fahne mit der Aufschrift »Vorsicht, sie betreten das Deutsche Reich« wieder weggepackt werden. Die zwei Reden der Neonazis hielten Stefan Molitor aus der Region Kronach sowie Tim Belz.
Im Laufe der Veranstaltung provozierten einzelne TeilnehmerInnen der Kundgebung den Gegenprotest. Lautstark mit Megafon skandierte mehrere Male ein Neonazi »Wieviel Prozente habt ihr?«. Anschließend bezog er sich positiv auf die Alternative für Deutschland (AfD), indem er schrie „wir sind bei 25 Prozent“. Diese Bezugnahme ist insofern bemerkenswert, da die NPD die Kundgebung organisierte. Mit Thomas Bayer von der AfD Würzburg befand sich zudem ein Funktionär der extrem Rechten Partei unter den Teilnehmenden. Zur Europawahl 2023 kandidierte er vergeblich für einen Listenplatz der AfD.“
Tim Belz ist Funktionär der neuen NPD. Dabei handelt es sich um eine Abspaltung der alten NPD, die sich im Juni 2023 in „Die Heimat“ umbenannt hat. Der Erfolg der neuen Partei ist offenkundig. Der Rechtsanwalt Thomas Bayer aus Würzburg ist Mitglied des bayerischen AfD-Landesschiedsgerichts und war bis vor kurzem noch sein Präsident.
Presse: BR | SZ | Zeit -
Mittwoch, 06.08.2025
Chemnitz feiert Kulturhauptstadt 2025. Unter dem Titel „C the Unseen!“ stellen Antifas „Identitäre“ aus Chemnitz und Umgebung vor, der Gruppe um das „Zentrum Chemnitz“. In Form eines antifaschistischen Adventskalenders mitten im Sommer wurden bisher Vincenzo Richter, Kenan Esau, Lucie Vogel, Paul Schäffler, Vincent Schulz, David Ratajczak, Merlin Ulbrich, ein Unbekannter, Marvin Gröger, Tony Kraft, Linda Kraft, Phil Friedrich, Lucas Wenzel, Fenja Matthes, Nico Viedert und Artur Finn Thum vorgestellt. Aber noch ist nicht Weihnachten!
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Donnerstag, 07.08.2025
Die „Gesellschaft für freie Publizistik“ (GfP) plant vom 26. bis 28. September 2025 „im Raum Thüringen“ ihren Jahreskongress. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes hat einen Hintergrundartikel zur Tagung veröffentlicht.
Als Gastredner auf dem GfP-Kongress ist unter anderem „Konrad Reisinger“ aus Österreich angekündigt, den Stoppt die Rechten bereits im Dezember 2024 als Andreas Thierry enttarnt hat. Der Hauptredner soll Jürgen Elsässer von „Compact“ sein.
Bei der GfP handelt es sich um die zahlenmäßig größte Naziorganisation Deutschlands. Im Vorstand der GfP sitzen seit 2023 drei Nazis, die schon seit Jahrzehnten Teil der Organisation sind:
Der 1947 geborene langjährige Schatzmeister Wolf Lehner aus der Heubergstraße 3 in 82441 Ohlstadt südwestlich von München hat eine lange NPD-Karriere vorzuweisen. Die 1944 geborene Margret Nickel betreibt im Klosterhof 4 in 34399 Wesertal an der niedersächsisch-hessischen Grenze ihre „Klosterhaus-Versandbuchhandlung“, die von 2015 bis 2018 den „Schelm“ vertrieb.
Der 1966 geborene Martin Pfeiffer aus dem fränkischen Bad Königshofen im Grabfeld ist „Alter Herr“ der „Burschenschaft Marko-Germania Graz“ in der „Deutschen Burschenschaft“. Direkt vor dem Kongress steht Pfeiffer in einem für neun Tage anberaumten Prozess wegen Wiederbetätigung im Sinne des Nationalsozialismus in Graz vor Gericht. -
Freitag, 08.08.2025
Der „Alte Herr“ der „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ in der „Deutschen Burschenschaft“ und rheinland-pfälzische AfD-Landtagsabgeordnete Joachim Paul darf nicht zur Oberbürgermeisterwahl in Ludwigshafen am 21. September 2025 antreten. Der Wahlausschuss der Stadt Ludwigshafen hatte Pauls Bewerbung wegen Zweifel an dessen Verfassungstreue zurückgewiesen, wogegen Paul klagen will. Ausschlaggebend für die Entscheidung des Wahlausschusses war laut Tagesschau ein Schreiben des rheinland-pfälzischen Innenministeriums mit Informationen des Landesverfassungsschutzes zu Joachim Paul:
„In dem vom Innenministerium übermittelten Bericht zu Joachim Paul listet der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz unter anderem Beispiele für eine Nähe des AfD-Politikers zur rechtsextremen Szene auf. Demnach sollen etwa in Pauls Wahlkreisbüro ,Quartier Kirschstein‘ in Koblenz mehrfach Veranstaltungen der so genannten ,Neuen Rechten‘ stattgefunden haben. Dort sei beispielsweise der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner aufgetreten. Sellner hatte mit seinen Plänen für ,Remigration‘ bundesweit für Proteste gesorgt.
Aufgelistet hat der Verfassungsschutz auch diverse Artikel von Paul als Autor, die in einem als rechtsextrem geltenden Magazin in Österreich veröffentlicht wurden. Dokumentiert werden auch Kontakte von Paul zum als rechtsextremistisch eingeschätzten Magazin Compact. Von einem Kamerateam des Magazins ließ sich Paul im Wahlkampf in Ludwigshafen begleiten. Zu finden ist das Video auf der Plattform Youtube. Das vom Verfassungsschutz gesammelte Material stammt soweit ersichtlich aus öffentlichen Quellen. Eine Einschätzung oder Empfehlung des Innenministeriums zu einer Kandidatur von Joachim Paul bei der OB-Wahl in Ludwigshafen enthält das Schreiben nicht.“
Presse: Spiegel | Welt | SWR 1 | SWR 2 | taz -
Samstag, 09.08.2025
Der britische Nazihetzer Stephen Yaxley-Lennon, besser bekannt als „Tommy Robinson“, wurde am 4. August am Flughafen seines Geburts- und Wohnortes Luton nördlich von London festgenommen. Er kehrte von einer Reise ins spanische Teneriffa und ins portugiesischen Faro zurück. Grund der Festnahme ist ein Video vom 28. Juli am Londoner St. Pancras U-Bahnhof. Auf dem Video ist Tommy Robinson neben einer regungslos am Boden liegenden Person zu sehen. Mittlerweile wurde Robinson auf Kaution entlassen, er spricht von Notwehr.
Tommy Robinson hat aber noch deutlich mehr Probleme mit dem Crown Prosecution Service (CPS). Die Staatsanwaltschaft in Großbritannien ist anders als in Deutschland eine unabhängige Behörde. Eine CPS-Pressemitteilung vom 21. Mai 2025 verweist auf eine Anklage Yaxley-Lennons wegen Bedrohung zweier Personen. Außerdem steht Robinson am 13. und 14. Oktober vor Gericht, weil er sich weigerte, der Polizei das Passwort seines Handys zu nennen, wozu es eine eigene CPS-Pressemitteilung vom 25. Oktober 2024 gibt.
In der Zeit von 2005 bis 2019 saß Robinson viermal im Knast. Zuletzt entschied der Londoner High Court of Justice im Mai 2025, dass er nur 14 statt 18 Monate in Einzelhaft wegen Missachtung eines Verleumdungsverbots einer minderjährigen Geflüchteten verbüßen muss. Seine Inhaftierung 2024 löste Naziproteste und antifaschistische Massenproteste aus. Robinson gerierte sich nach seiner Haftentlassung in rechtsradikalen US-Medien als Zensuropfer. Für den 13. September ruft Robinson zu einem „Free Speech Festival“ in London auf.
Presse: BBC | Guardian | Telegraph | Spiegel -
Sonntag, 10.08.2025
In Mecklenburg-Vorpommern wurden bei einer Razzia am 6. August im Lübtheener Ortsteil Jessenitz unter Beteiligung eines SEKs mit Spürhunden im Gutshaus des AfD-Kreistagsabgeordneten Philipp Steinbeck Waffen, Munition und Sprengstoff gefunden. Zwar besaß Steinbeck eine Waffenbesitzkarte, allerdings waren weder alle Waffen eingetragen, noch hätten alle eingetragen werden können, da es sich teilweise um Kriegswaffen handelt. Steinbecks Waffenbesitzkarte wurde mittlerweile widerrufen und es laufen Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz sowie unerlaubten Waffenbesitzes.
Der 60-jährige Immobilienbesitzer hat eine jahrzehntelange Nazikarriere hinter sich, zum Großteil im Umfeld der NPD. Bis 2008 war Philipp Steinbeck Mitglied der „Hamburger Burschenschaft Hansea-Alemannia“, die damals noch in der „Deutschen Burschenschaft“ war und erst 2021 den Naziverband verließ. Endstation Rechts schreibt:
„Steinbeck stammt aus dem norddeutschen Neonazi-Milieu um den Hamburger NPD-Chef Jürgen Rieger und Kameradschaftsaktivist Thomas „Steiner“ Wulff. Nach dem Abbruch seines Jurastudiums arbeitete Steinbeck Anfang der 1990er Jahre in der Fraktion der extrem rechten Deutschen Liga für Volk und Heimat im Kieler Landtag. Die Burschenschaft Hansea-Alemannia in Hamburg führte ihn in ihren Listen. Er hatte Kontakt zu Neonazi Christian Worch und zeigte Interesse an der DVU.“
Presse: Endstation Rechts | Katapult | NDR 1 | NDR 2 | Nordkurier 1 | Nordkurier 2 | Spiegel -
Montag, 11.08.2025
Im Fall der Neuköllner Brandanschlagsserie wurden die Revisionsanträge der beiden Nazis Sebastian Thom (Ex-NPD) und Tilo Paulenz (Ex-AfD) vom Berliner Kammergericht zurückgewiesen. Damit ist das Berufungsurteil vom Dezember 2024 rechtskräftig. Thom muss für dreieinhalb Jahre und Paulenz für zwei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis.
Der „Neukölln-Komplex“, wie er gemeinhin genannt wird, dreht sich nicht nur um die dreisten und brutalen Brandanschläge der Nazis. Das Besondere ist die offene Affinität zwischen Polizei und Nazistrukturen in Berlin. Abgesehen davon: Nazibrandanschläge und konspirative Kneipentreffen, Nazistaatsanwälte und korrupte Bullen, LKA-Lecks und -IT-Versagen – der Stoff sollte endlich verfilmt werden.
Presse: taz-Artikel | taz-Thema | TS | MZ -
Dienstag, 12.08.2025
Am Morgen des 12. August 1944 stiegen Kampftruppen der Deutschen Wehrmacht und SS zum abgelegenen Bergdorf Sant’Anna di Stazzema in der Toskana auf. Die Wehrmacht war damals nach der erfolgreichen Landung alliierter Truppen auf Sizilien auf dem Rückzug nach Norden. Der Zivilbevölkerung rund um Sant’Anna wurde befohlen, das Gebiet zu räumen, was diese verweigerte. In Sant’Anna massakrierten die Nazis alle, die sie antrafen: vor allem Kinder, Frauen, alte Männer, denn die jüngeren Männer waren nicht im Dorf. Sie verbrannten die Leichen und die Häuser. 560 Tote, ein ganzes Dorf ausgelöscht.
Die Akten der Alliierten über die deutschen Kriegsverbrechen verschwanden für Jahrzehnte im „Armadio della vergogna“, dem „Schrank der Schande“ im Palazzo Cesi, dem Sitz der Militär-Generalstaatsanwaltschaft im Rom. Im Kalten Krieg nahm Italien Rücksicht auf den Handels- und NATO-Partner Deutschland, weswegen die deutschen Mörder geschont wurden. Erst Mitte der 1990er wurde der Schrank auf der Suche nach Akten zu Erich Priebke umgedreht und geöffnet.
Es folgten eine Reihe von Prozessen und Verurteilungen. Schließlich wurden die Ermittlungen zum Massaker von Sant’Anna di Stazzema neu aufgerollt und im Juni 2005 verkündete das italienische Militärgericht in La Spezia das Urteil: lebenslänglich für alle zehn Angeklagten, ehemalige Soldaten der 16. SS-Panzergrenadierdivision „Reichsführer SS“. Diese lebten davor, währenddessen und danach unbehelligt in Deutschland, wo sie alle nach und nach starben – sie wurden trotz ihrer rechtskräftigen Verurteilung nie nach Italien ausgeliefert.
2006 wurde der SS-Mann Max Josef Milde in Italien zu lebenslanger Haft verurteilt. Im Mai 2006 gab es bundesweit einen antifaschistischen Aktionstag gegen die noch lebenden Nazimörder von Sant’Anna. Der SS-Mann Gerhard Sommer bekam in Hamburg gleich mehrfach Antifabesuch, er starb 2019 als letzter der SS-Mörder von Sant’Anna. Wir fuhren damals zu Georg Rauch nach Rümmingen bei Lörrach und informierten die Nachbarschaft des Nazis über dessen Morde.
Am Beispiel Sant’Anna di Stazzema haben wir 2009 in unserem Communiqué „Politische Justiz in Stuttgart“ und am 10. September 2024 in einer Meldung „Ein Gruß an die Genoss*innen“ zu untergetauchten Antifas die doppelten Standards deutscher Staatsanwaltschaften kritisiert. Im ersten Fall wurden Antifas von derselben Stuttgarter Staatsanwaltschaft verfolgt, welche die Nazimörder zuvor unbehelligt ließ. Im zweiten Fall mussten tatverdächtige Antifas untertauchen, um nicht an Ungarn ausgeliefert zu werden, während die verurteilten Nazimörder nie an Italien ausgeliefert wurden.
Am 27. September 2024 wurde Maja dann tatsächlich nach Ungarn ausgeliefert – rechtswidrig, auf Betreiben der Berliner Generalstaatsanwaltschaft und des sächsischen LKA, in einer Nacht- und Nebelaktion. In Ungarn wurde Maja nach einem Hungerstreik, zu dem Maja die unmenschlichen Haftbedingungen trieben, kürzlich von der taz besucht.
Noch immer sind deutsche Behörden damit beschäftigt, die Täter von Sant’Anna di Stazzema und ihre Beschützer zu schützen. Zuletzt gab es einen erfolglosen Angriff der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LfK) auf Radio Dreyeckland (RDL):
„80 Jahre nach dem Massaker von Sant’Anna di Stazzema hat Radio Dreyeckland das Feature ,Mai più Sant’Anne – nie wieder Sant’Anna!‘ veröffentlicht. Darin kommen u. a. Überlebende zu Wort, und die ausbleibende Bestrafung der Täter wird thematisiert. Ergänzend zu einem Interview mit der Anwältin der Nebenklage im Stuttgarter Verfahren, Gabriele Heinecke, wird erklärt: ,2002, also weitere 6 Jahre später, wurden die Ermittlungen von Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler in Stuttgart übernommen. Dieser verschleppte die Ermittlungen, um das Verfahren nach 10 Jahren mangels Tatverdacht einzustellen. Die Täter alterten unbehelligt, 7 von 14 Beschuldigten waren 2012 schon verstorben. Häußler ermöglichte die Einstellung des Verfahrens, indem er die Taten als verjährenden Totschlag bewertete und keine individuelle Schuld feststellte. Nach dieser juristischen Auslegung habe sich das Massaker mutmaßlich spontan vor Ort ereignet.‘
Die Autor*innen haben sich mit ihrem Feature im November 2024 für den LfK-Medienpreis beworben, aufgrund mangelnder Einreichungen in ihrer Sparte wurde ihr Beitrag jedoch nicht zur Bewertung angenommen. Statt dessen eröffnete die LfK im Januar 2025 ein Verwaltungsverfahren gegen RDL. Der Grund: ,Verdacht des Verstoßes gegen journalistische Grundsätze‘. ,Dabei fällt der Satz, der zuständige Oberstaatsanwalt habe das Verfahren verschleppt, um es später einzustellen‘, monierte das anonyme ,Team Aufsicht‘ der LfK. Dadurch könnten die journalistischen Grundsätze ,der Prüfung von Nachrichten auf Wahrheit und Herkunft‘ sowie die ,Bestimmungen über den Ehrschutz‘ verletzt worden sein. Zu Unrecht wird in dem Schreiben bemängelt, der Vorwurf der Verschleppung werde ohne Begründung und Kontext in den Raum gestellt. Die LfK drohte mit ,Aufsichtsmaßnahmen – etwa eine förmliche Beanstandung bestimmter Sendeanteile‘. RDL forderte Akteneinsicht und lieferte mit Unterstützung des Anwalts Benjamin Lück eine Stellungnahme. Daraufhin brauchte es ein halbes Jahr und mehrere Nachfragen, bis die LfK am 16. Juli endlich mitteilte, das Verfahren sei eingestellt.“
Ora e sempre resistenza! -
Mittwoch, 13.08.2025
Die Münchner Amtsrichterin Andrea Krombholz hat am 12. August drei „identitäre“ Naziburschen zu skandalös niedrigen Strafen verurteilt (813 Ds 112 Js 161678/23). Zwei weitere aktive Naziburschen wurden wegen des gleichen Vorfalls gesondert strafverfolgt: Hendrik Hebestreit von der „Burschenschaft Danubia München“ und Simon Thiele von der „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“. Beide „Burschenschaften“ sind – wie alle anderen in diesem Text – Mitglied im Nazidachverband „Deutsche Burschenschaft“.
Am 25. März 2023 hatten AbtreibungsgegnerInnen zum dritten „Marsch für das Leben“ nach München mobilisiert und rund 4.000 radikale Rechte kamen. Vor dem Aufmarsch der Christenfundis hatten die „Christdemokraten für das Leben“ aus CDU und CSU zu einem „Frühschoppen“ im Hansa Haus in der Nähe des Königsplatzes geladen. Darunter waren die fünf Nazis, von denen drei nun in München vor Gericht standen. Auf der Veranda wurde ein Gruppenfoto von ihnen mit „White Power“-Gesten aufgenommen.
Am Samstagnachmittag nach dem Aufmarsch drangen die fünf Nazis in ein Zimmer in einem Studentenwohnheim in der Maxvorstadt ein. Sie verwüsteten das Zimmer und stahlen eine Regenbogenfahne sowie Weingläser. Lina Dahm, die den Prozess beobachtet hat, schreibt, was dann passierte:
„Später sollen sie im Englischen Garten Passant*innen aufgefordert haben, auf die Pride-Fahne zu treten. Einer rief ,Heil Hitler‘, es kam zu antisemitischen und queerfeindlichen Beleidigungen. Laut Anklage wurde u.a. geäußert, man wolle ,die Juden auch verbrennen und das großdeutsche Reich aufbauen‘. Die Abendzeitung berichtete damals über die Hassparolen am Monopteros. Hans [Fischer], einer der drei Angeklagten, gab im Prozess außerdem zu, sich im Mai 2023 beim Frühlingsfest mit einem Hitlergruß von seinen FreundInnen verabschiedet zu haben.“
Eine der antisemitischen und queerfeindlichen Äußerungen der Angeklagten war, dass „Gleichgeschlechtlichkeit“ von der Regierung und „dem Judenreich“ aufgezwungen werde.
Angeklagt waren Hans Fischer von den „Raczeks“, Marvin Sander von der „Burschenschaft Gothia Salzburg“ und Leander Huber von der „Burschenschaft Arkadia-Mittweida zu Osnabrück“, ehemaliges Mitglied des niedersächsischen JA-Landesvorstands. Alle drei wurden wegen Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und Diebstahl angeklagt, Fischer zusätzlich wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen sowie Volksverhetzung.
Fischer wurde von Rechtsanwalt Andreas Wölfel von der „Burschenschaft Thessalia Prag zu Bayreuth“ verteidigt, Leander Huber von der Rechtsanwältin Christina Reinhart aus Wölfels Kanzlei. Marvin Sanders Verteidiger war der Freiburger Nazianwalt Dubravko Mandic, der einige Jahre lang und 2022 endgültig aus der „Burschenschaft Saxo-Silesia Freiburg ausgeschlossen wurde.
Bei „Wotan“, so Sanders „Biername“ in Burschenkreisen, handelt es sich um einen „aktiven Bursch“ der „Burschenschaft Gothia Salzburg“. Doch ursprünglich stammt der 1997 geborene Marvin Sander aus Kassel. In Österreich nahm Sander an diversen Aufmärschen der „Identitären Bewegung“ teil und pflegt Kontakt zu anderen IB-Kadern. Auf dem Salzburger Mozartplatz hetzte Marvin Sander 2020 mit anderen „Identitären“ gegen „Asylmissbrauch“ und propagierte „De-Islamisierung“. Bis mindestens 2021 war Sander Schriftführer des „Ring Freiheitlicher Jugend“ und kandidierte 2023 als Spitzenkandidat der FPÖ-Studenten zur ÖH-Wahl an der Universität Salzburg.
Sanders „Gothia“ hat rund vierzig „Alte Herren“ und besitzt ein Stadthaus in bester Lage mitten in Salzburg. Die deutschnationale Sonnwendfeier am 21. Juni im Salzburger Flachgau, bei welcher der AfD-Bundestagsabgeordnete Alexis Giersch von der „Burschenschaft Germania Hamburg“ die „Feuerrede“ hielt, wurde hauptsächlich von Reinhard Rebhandl organisiert, dem „Altherrenvorsitzenden“ der „Gothia Salzburg“. Neben Giersch haben auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Christoph Birghan von der „Burschenschaft Gothia Berlin“ und der rheinland-pfälzische AfD-Landtagsabgeordnete Joachim Paul von den „Raczeks“ teilgenommen.
Diese ganzen Hintergründe und was Antifas sonst noch alles über die Nazis, ihre Bünde, ihre Anwälte und deren Bünde veröffentlicht haben, spielten vor Gericht wie so oft keine Rolle. Geurteilt wurde nach Gesinnung:
„Der Prozesstag heute war schon nach etwas über einer Stunde beendet. Grund: Gleich zu Beginn gab es ein längeres Rechtsgespräch, das die Beweisaufnahme aus Sicht des Gerichts, der Staatsanwaltschaft und der AnwältInnen entbehrlich machte. In der Folge wurden die Vorwürfe wegen Hausfriedensbruchs, Diebstahls und Sachbeschädigung bei [Huber] und [Sander] gegen eine Zahlung von je 300 € eingestellt.
Bei [Fischer] wurde der Vorfall im Wohnheim wegen der schwerer wiegenden Anklagepunkte fallengelassen. Hans [Fischer] wurde nach einer Einlassung zum Geschehen im Englischen Garten und beim Frühlingsfest zu 120 Tagessätzen à 15 € verurteilt. Sein Anwalt führte an, [Fischers] Verhalten sei vor allem auf den exzessiven Alkoholkonsum zurückzuführen. Nüchtern würde er sich nicht so verhalten.
Trotz mehrerer, teils schwerwiegender Vorwürfe fielen die Strafen also gering aus. Zeug*innen zeigten sich nach dem Prozess entsprechend betroffen und fassungslos – sowohl wegen der milden Strafen als auch wegen des Umgangs mit ihnen als Betroffene. Gründe für die niedrigen Strafen waren, dass die Angeklagten keine Vorstrafen hatten und geständig waren. Auch die lange Verfahrensdauer und der Alkoholeinfluss wurden genannt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.“ -
Donnerstag, 14.08.2025
Die beiden „identitären“ Nazibrüder Tim und Aaron Franz aus den Peterswiesen 13 in Althütte im Rems Murr Kreis haben in Sozialen Medien angekündigt, dass die „Identitäre Bewegung“ bei der baden-württembergischen Landtagswahl am 8. März 2026 als Partei antreten wird. Es könnte sich um einen Versuch handeln, ein Vereinsverbot zu erschweren.
Andererseits sind IB-Jungs auch nicht selten mit Pennälerhumor gestraft. Zumindest ist die Adresse, die in ihrem Propagandavideo auf dem Wahlanmeldebogen zu sehen ist, die Adresse des Grünen Kreisverbands Schwäbisch Gmünd. Aber falls die beiden IB-Trottel den Antrag tatsächlich abgeschickt haben, dann bestehen gute Chancen, dass auch nur sie beide ihn unterschrieben haben.
Die letzte Bundestagswahl lässt grüßen: Die IB scheiterte wegen eines Formfehlers auf dem Zulassungsuntrag. Das Bundeswahlgesetz verlangt nämlich die Unterschrift von mindestens drei Vorstandsmitgliedern. Damals hatte niemand unterschrieben.
Tim Franz wurde wie auch Maximilian Märkl und Jannis George am 19. September 2024 vom Amtsgericht Stuttgart erstinstanzlich verurteilt. Die Anklage lautete auf Volksverhetzung, Hausfriedensbruch und Vermummung, das Strafmaß jeweils sechs Monate Gefängnis auf Bewährung.
Anlass für die Verurteilung war eine Propagandaaktion der IB-Tarngruppe „Wackre Schwaben“ oder auch „Reconquista21“ am 23. Juli 2023 am Inselbad in Untertürkheim. Jannis George ist auch Mitglied des „Filmkunstkollektivs“, das die Aktion propagandistisch begleitete.
Bundesweit bestand das Personenpotenzial der IB Mitte 2024 nach Regierungsinformationen aus rund 500 Personen. -
Freitag, 15.08.2025
Das Brandenburger VS-Gutachten wurde veröffentlicht. Aber zwei Tage zuvor wurde es wie schon das VS-Gutachten des Bundesamtes von rechten Medien geleakt. In diesem Fall von dem kürzlich gehackten rechtsradikalen Hetzportal Nius.
Auch der Brandenburger Inlandsgeheimdienst ist zu dem Schluss gekommen, dass die AfD „gesichert rechtsextrem“ ist. Die Partei wurde also in Brandenburg wie schon die Gesamtpartei in die höchste der drei Überwachungskategorien aufgenommen.
Das Gutachten bestätigt, was sowieso alle schon wissen: Die AfD ist eine Nazipartei. Diese wertvolle Erkenntnis hat der Brandenburger Geheimdienst unter anderem nach der Lektüre des Parteiprogramm gewonnen:
„Dass der AfD-Landesverband seit der Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall im Jahr 2020 einen Prozess der sukzessiven, systematisch betriebenen Radikalisierung durchlaufen hat, ist mittels eines Vergleichs zwischen den Programmen 2019 und 2024 belegbar.“
Presse: Tagesschau 1 | Tagesschau 2 | RBB 1 | RBB 2 | MDR | DLF | WELT -
Samstag, 16.08.2025
Der Sommeradventskalender zur „Identitären Bewegung“ in Chemnitz wurde mit Lucas Denk, Rene Klepsch und Lars Ashley Mehnert fortgesetzt und beendet. Außerdem wurden die ersten Präsente überreicht:
„Zwei Autos von den Faschisten Tony Kraft und Artur Finn Thum wurden in der Nacht vom 10.08 mit Buttersäure unbrauchbar gemacht. Sie sind aktiv in der Identitären Bewegung Chemnitz, welche mit ihrem ,Zentrum Chemnitz‘ eine Immobilie besitzen, welche als Treffpunkt und zur Vernetzung neonazistischer Kräfte in ganz Deutschland dient.
Bei dem Fahrzeug von Tony Kraft wurde, sehr einfach mithilfe von Einwegspritzen, Buttersäure durch die Gummidichtung der Tür ins innere befördert. Bei Artur Thum wurde eine Scheibe eingeschlagen und eine größere Menge Buttersäure im Auto verteilt.“ -
Sonntag, 17.08.2025
Die Badische Zeitung erinnert an ein lokales Kapitel des verdrängten Rechtsterrorismus der alten Bundesrepublik. Am 17. August 1980 verübten Naziterroristen der „Deutschen Aktionsgruppen“ (DAG) um Manfred Roeder einen Bombenanschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft in der Lörracher Straße „Zum Blauenblick“ oberhalb der Stadt. Dort wohnten zu dieser Zeit acht Frauen aus Eritrea, die vor dem eritreischen Unabhängigkeitskrieg geflohen waren, der von 1961 bis 1991 geführt wurde.
In Lörrach wurde an diesem Tag eine Frau schwer und zwei leicht verletzt. Das war reines Glück, denn die Bombe war auf dem äußeren Fenstersims des Raumes platziert, in dem die Frauen schliefen. Aber das Ziel war ohne Frage ihr Tod, die Bombe enthielt ein Kilogramm Sprengstoff. Laut BZ kann sich heute kaum noch jemand der noch lebenden damals Beteiligten an die Ereignisse erinnern, der Mordanschlag geriet in Vergessenheit. Das Schicksal der Opfer ist unbekannt.
Der Bombenanschlag in Lörrach war Teil einer deutschlandweiten Anschlagsserie der „Deutschen Aktionsgruppen“, von denen der bekannteste fünf Tage nach dem Lörracher Anschlag stattfand. Durch den Hamburger Brandanschlag in der Nacht auf den 22. August 1980 auf die Geflüchtetenunterkunft in der Halskestraße 72 starben Ngoc Chau Nguyên und Anh Lân Dôn aus Vietnam.
Die BZ schreibt: „Die Ermittler rekonstruieren in den Monaten danach, dass die Terrorgruppe DAG im Jahr 1980 viele Wochen unterwegs war. Ihr erstes Ziel ist im Februar die Auschwitz-Ausstellung im Landratsamt Esslingen, es folgen vier weitere Anschläge unter anderem auf weitere Flüchtlingsunterkünfte, bevor die Täter am 17. August in Lörrach zuschlagen. Fünf Tage danach folgt der Anschlag auf das Asylbewerberheim in Hamburg.
1982 müssen sich Manfred Roeder als Kopf der Bande und drei Mitglieder vor dem Oberlandesgericht Stuttgart verantworten. [...] Roeder selbst ist bei keinem der Anschläge vor Ort, er ist der Spiritus Rector im Hintergrund. Er wird zu 13 Jahren Haft verurteilt. Die anderen drei Mitglieder erhalten lebenslänglich.“ -
Montag, 18.08.2025
Der „Reichsbürger“ Heiko Appel aus dem Boxberger Stadtteil Bobstadt und seine Familie wurde vor dem Landgericht Mosbach im nördlichen Baden-Württemberg der Prozess gemacht. Angeklagt waren Vater Heiko, Mutter Bianca, die Söhne Max und Leon sowie Leons Partnerin Sophia. Eigentlich hätte der Prozess schon im Mai beginnen sollen, aber die „Reichsbürger“ erschienen nicht vor Gericht.
Einer der Angeklagten wurde am 18. Juni bei einer Verkehrskontrolle festgenommen, die anderen vier am 8. Juli bei einem erneuten SEK-Einsatz in Boxberg. In Boxberg wurden wiederum diverse Waffen gefunden, darunter eine schussbereite Maschinenpistole. Bis zum Prozessbeginn blieben alle fünf in Untersuchungshaft und wurden in Ketten vorgeführt.
Appels Untermieter Ingo Kramer hatte am 20. April 2022 das Feuer eröffnet, als Appels Haus durch einen SEK-Einsatz gestürmt werden sollte. Mit einem Sturmgewehr schoss Appel einem SEK-Bullen in beide Beine. Grund für den Einsatz war der Versuch eine Pistole zu beschlagnahmen, die Kramer nicht freiwillig abgeliefert hatte. Die Bullen zündeten das Haus mittels Nebelgranaten an. Wegen mehrfachem Mordversuchs wurde Kramer am 15. November 2023 vom Oberlandesgericht Stuttgart zu 14 Jahren und sechs Monaten Knast verurteilt.
Kontext schreibt über Heiko Appel: „Im August 2022 schrieb er einen Brief an den Schützen. Darin hetzte er, der Generalbundesanwalt Peter Frank ,hängt mit den Pädophilen in den höchsten Kreisen ab‘. Die Bösen – in seinen Augen die Eliten und der Staat. Im Mai 2023 wurde Heiko [Appel] wegen Beleidigung und Verleumdung bestraft.“
Bei der Razzia waren 2022 neben Hakenkreuz-Flaggen, Nazi-CDs und einer Cannabis-Plantage mit 38 Pflanzen vor allem eine Vielzahl an (Kriegs-)Waffen und rund 8.000 Schuss Munition gefunden worden. Am 8. August 2025 wurde nun Teile von Appels „Reichsbürger“-Familie vom Landgericht Mosbach zu milden Bewährungsstrafen verurteilt. Das Gericht glaubte ihnen nicht, dass alle Waffen Kramer gehört hätten. Allerdings konnten die meisten gefundenen Waffen niemand direkt zugeordnet werden, weswegen sie straffrei bleiben.
Die Tagesschau schreibt: „Der Vater und ein Sohn wurden zu Bewährungsstrafen von einem Jahr - beziehungsweise neun Monaten - wegen Waffenbesitzes verurteilt, ein weiterer Sohn und eine Schwiegertochter erhielten sechs Monate auf Bewährung wegen der Cannabispflanzen. Die Mutter wurde freigesprochen.“ -
Dienstag, 19.08.2025
Am Abend des 10. August wurden am Bahnhof Ostkreuz in Berlin-Friedrichshain zwei linke JournalistInnen von zwölf Nazis angegriffen, ermittelt wird wegen Landesfriedensbruchs. Die beiden 22 bzw. 25 Jahre alten FotografInnen waren auf dem Rückweg vom CSD im sächsischen Bautzen, wo sie die Gegendemo der Nazis fotografiert hatten. Am Ostkreuz wurden sie von den Nazis im Alter zwischen 17 und 46 Jahren erkannt, geschlagen und getreten: „Die Neonazis kennen uns“, so eine der Geschädigten gegenüber der taz.
„Eine mögliche Attacke durch Neonazis hatte sich schon zuvor angedeutet. Gegen 21.30 Uhr machte in linken Chatgruppen ein Hilferuf von Teilnehmer*innen des CSD die Runde. Demnach befänden sich mit ihnen etwa 30 bis 40 ,gewaltbereite, alkoholisierte‘ Neonazis im RE2 von Cottbus Richtung Hennigsdorf. Aufgrund dieses Hilferufs hatten sich auch die freien Journalist*innen zum Ostkreuz bewegt.
Mehrere Fotos aus dem Zug, die die taz einsehen konnte, zeigen Neonazis an einer Verbindungstür zwischen zwei Abteilen. Einem Augenzeugen zufolge hatte die Zugbegleiterin die Tür bei der Abfahrt in Cottbus verschlossen. Auf einem Bild formen die Männer mit ihren Händen die ,White Power‘-Geste.
Einige der abgebildeten Personen können den Neonazi-Gruppierungen ,Deutsche Jugend Voran‘ (DJV), ,Berliner Jugend‘ sowie ,Deutsche Patrioten Voran‘ zugerechnet werden. Sie sind in der Vergangenheit immer wieder bei Aktionen der Gruppen in Berlin und Brandenburg in Erscheinung getreten.
,Die Situation war sehr bedrohlich‘, erzählt ein Augenzeuge am Montag der taz. ,Die Neonazis standen an der verschlossenen Tür, haben posiert, sich vermummt und dann minutenlang versucht, die Tür aufzubrechen.‘ Laut dem Antifaschisten haben die Schikanen bereits am Bahnhof in Bautzen angefangen. Dort seien die Neonazis noch in einen anderen Zug gesteckt worden. Darunter befand sich nach taz-Informationen auch der bereits im April zu einer mehr als dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilte Anführer der „Deutschen Jugend Voran“ Julian [Milz].“
Presse: taz | RBB | n-tv | t-online | Welt | Sächsiche Zeitung -
Mittwoch, 20.08.2025
Am 14. August wurde in Badhoevedorp bei Amsterdam der 24-jährige „identitäre“ Nazi Thomas Deveson unter Terrorverdacht festgenommen, wie Stoppt die Rechten berichtet:
„Der Verdacht: Vorbereitung eines terroristischen Anschlags, illegaler Besitz von Waffen und Munition sowie Herstellung von Waffenteilen. Der Mann gibt laut Staatsanwaltschaft an, dem ,Geuzenbond‘ anzugehören – einer rechtsextremen, von den Behörden den ,Active Clubs‘ zugerechneten Jugendorganisation mit etwa 20 Mitgliedern.
Seither sitzt der Terrorverdächtige in Untersuchungshaft. Bei der parallelen Durchsuchung an seiner Meldeadresse im brabantischen Erp – in einem seit Jahren leerstehenden Restaurant – stellt die Polizei verbotene Schusswaffen und Munition sicher. Recherchen dokumentieren, dass das Objekt dem „Geuzenbond‘ als Clubhaus diente.
Der Festgenommene gehört nicht nur dem ,Geuzenbond‘ an, sondern auch der burschenschaftsähnlichen, in Nijmegen ansässigen, ,Groot-Nederlandse Studentenvereniging‘ (GNSV). Der weit rechtsstehende Verband bestätigt die Mitgliedschaft des Terrorverdächtigen, zeigt sich ,schockiert‘ und suspendiert ihn bis zur Klärung des Falls.“
Die erst 2021 gegründete GNSV in den Niederlanden bildet seit Kurzem ein Kartell mit der bereits 1976 gegründeten und überaus korrupten „Nationalistische Studentenvereniging“ (NSV) im belgischen Flandern. Beide nationalistischen Korporationen streben eine Teilung Belgiens und eine Vereinigung Flanderns mit den Niederlanden an. Alle vier bisherigen Präsidenten der belgischen Nazipartei „Vlaams Belang“ waren NSV-Mitglieder.
Vom 13. bis 15. Oktober 2023 besuchte die Aktivitas der „Burschenschaft Danubia München“ in der „Deutschen Burschenschaft“ auf Einladung des NSV Antwerpen. Im Protokoll des „Burschentages“ 2024 berichtet die damalige Vorsitzende „Burschenschaft Cimbria München“ über ihre Teilnahme am „Cantus“ der NSV, dem Pendant einer „Kneipe“. Als am 17. Dezember 2024 der damalige AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah bei der „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ einen Vortrag machte, war auch der flämische NSV zu Gast. -
Donnerstag, 21.08.2025
Es war einmal ein Lebensbund: Die „Burschenschaft Markomannia Aachen zu Greifswald“ in der „Deutschen Burschenschaft“. Diesem Bund gehörte einst Sandro Martens an, der langjährige Büroleiter des CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor. So war das am 2. April 2025, als wir über Martens Mitgliedschaft im „Altherrenbund“ der „Markomannia“ berichteten.
Damals war Christopher Birghan – „Markomanne“ wie Martens und „Gothe“ wie Kurth – gerade zum AfD-Bundestagsabgeordneten gewählt worden. Amthor verhandelte mit der SPD den Koalitionsvertrag und etwa zu dieser Zeit dürfte Martens Sicherheitsüberprüfung stattgefunden haben, die alle engen MitarbeiterInnen von Parlamentarischen StaatssekretärInnen bestehen müssen. In Martens Fall offenbar mit Erfolg und natürlich mit Schneid, das waren noch Zeiten!
Nachdem die taz die Recherchen von moritz.Millennium über die AfD-„Aktivitas“ und unsere Recherchen über den „Alten Herren“ Sandro Martens am 18. August aufgegriffen hatte, wurde das Lebensbundprinzip der „Burschenschaft“ auf eine harte Probe gestellt. Martens Chef Amthor versuchte die Organisierung seines Angestellten in einer „schlagenden“ Studentenverbindung mit gleich mehreren hochrangigen AfD-Funktionären zur Privatsache zu erklären – vergeblich.
Einen Tag später hatte sich die CDU gegen den Lebensbund durchgesetzt. Am 19. August berichtetet die Prese darüber, dass Sandro Martens seine Austrittserklärung aus der „Burschenschaft Markomannia Aachen“ unterzeichnet habe. Ob ihm sein Herr die Hand geführt hat?
Als wir 2013 den Berliner CDU-Staatssekretär Michael Büge vor die gleiche Frage stellten wie Sandro Martens heute, war die Antwort eine andere: Büge entschied sich für seine „Gothia“. Er wurde 2013 als CDU-Staatssekretär entlassen und für den Bundestagswahlkampf 2017 als AfD-Wahlkampfmanager eingestellt.
Heute dagegen kann man nicht einmal mehr rechte Hand eines CDU-Staatssekretärs oder Neuköllner CDU-Innenexperte im Berliner Abgeordnetenhaus und gleichzeitig in einer rechtsradikalen Korporation sein. Martens Narben werden bleiben und Robbin Juhnke trat Anfang 2024 nach antifaschistischer Berichterstattung im Spiegel aus der Berliner Schülerverbindung „Iuvenis Gothia“ aus. Was für Zeiten, was für Sitten: Keinen Funken Ehre im Leib, diese „Waffenstudenten“.
Presse: NDR (Archiv 1 / 2) | Nordkurier 1 (Archiv 1 / 2) | Nordkurier 2 (Archiv 1 / 2) | Spiegel | Berliner Morgenpost | Ostsee Zeitung | Berliner Zeitung | taz | nd -
Freitag, 22.08.2025
In Roxförde bei Gardelegen in der Altmark in Sachsen-Anhalt soll am 23. August auf dem Grundstück des AfDlers Gunnar Itagaki das jährliche Sommerfest der AfD-Jugend stattfinden. Die Veranstaltung wird von Sebastian Koch organisiert und intern als Parteiveranstaltung beworben.
Das Bündnis „Jedes Jahr im Sommer“ ruft zu Protesten gegen das rechtsradikale Sommerfest auf und schreibt über die Hintergründe:
„Seit Jahren veranstaltet die Junge Alternative Altmark, die Jugendorganisation der AfD, immer an einem Wochenende im Sommerloch ihr Sommerfest. Zumeist auf einem Privatgrundstück außerhalb von Roxförde bei Gardelegen treffen sich dann hunderte Rechtsradikale zu Speis & Trank, rechter Musik und hetzerischen Reden. Im Jahr 2023 fanden sich auf dem Gelände etwa 550 Teilnehmer*innen ein. Damit ist das nur intern beworbene und ansonsten geheim gehaltene Sommerfest der Jungen Alternative das größte regelmäßige rechtsradikale Event in der weiteren Region.“
Zwei kleine Anfragen nach dem JA-Sommerfest 2024 (Teil 1 | Teil 2) beantwortete die Landesregierung nur ausweichend und stufte wesentliche Teile der Antwort als „Verschlusssache“ ein: „Der Landesregierung ist bekannt, dass das Objekt in Gardelegen, OT Roxförde seit 2020 zur Durchführung der Sommerfeste der JA-LSA genutzt wird.“
Bereits im Jahr 2022 wurde die Naziveranstaltung von der JA bundesweit als „gemeinsames Sommerfest der beiden JA-Landesverbände Brandenburg und Sachsen-Anhalt“ beworben. Auch für das diesjährige Sommerfest wird in AfD-Kreisen überregional zur Teilnahme aufgerufen, so etwa von „Alexander Tschich im Namen der ,Jugend in der AfD-MV‘“.
Die Nachfolgeorganisation „Jungen Alternative“, deren Auflösung die AfD beim Bundesparteitag in Riesa beschloss und die sich daraufhin bei ihrem Bundeskongress in Apolda selbst abschaffte, soll am 29. und 30. November in der Messe Gießen gegründet werden. Sämtliche AfD-Parteimitglieder unter 36 Jahren wurden eingeladen, der neuen Jugendorganisation beizutreten, um in Gießen den neuen Bundesvorstand dieser Organisation zu wählen und ein „Jugendstatut“ zu verabschieden. Auch in Gießen wird es antifaschistische Proteste geben. -
Samstag, 23.08.2025
Das 1975 besetzte Centro Sociale Leoncavallo in Mailand wurde am 21. August 2025 auf Betreiben des italienischen Innenministeriums geräumt. Es war eines der bekannteste anarchistischen Zentren Italiens. Auf de.indy heißt es zur Räumung:
„Meloni begründete die Räumung damit, dass es keine ,rechtsfreien Räume’ geben dürfe. Zuvor hatte ein Gericht entschieden, dass die Regierung in Rom den Eigentümern etwa drei Millionen Euro Schadenersatz zahlen müsse. Das Gebäude gehört einer Unternehmerfamilie, die es seit vielen Jahren zurückhaben will. Die Stadt Mailand wurde von der Räumung nach eigenen Angaben nicht vorab informiert.“
Für den 6. September 2025 gibt es eine landesweite Mobilisierung zu einer Großdemonstration nach Milano mobilisiert. Die Wut wird auch diesseits der Alpen zu hören sein.
Presse: Spiegel | Standard -
Sonntag, 24.08.2025
In Sachsen wurden Details der Aufnahmerituale der Bereitschaftspolizei Dresden bekannt. Nicht nur die polizeiinterne Bezeichnung „Familie“ erinnert an einen Mafia-Clan, auch die erzwungenen Mutproben und Unterwerfungsrituale zur Aufnahme in die Organisation haben frappierende Ähnlichkeit mit denen der organisierten Kriminalität. Der MDR schreibt:
„Demnach sollen bei einer Einstandsfeier Beamte der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit gezwungen worden sein, viel Alkohol zu trinken und sich die Haare abrasieren zu lassen. Zudem sei ihnen ein Motorradhelm aufgesetzt, mit Desinfektionsmitteln eingesprüht und angezündet worden, hieß es aus dem Innenministerium. Anschließend hätten Kollegen mit einem Spaten auf den Helm geschlagen, verbunden mit den Worten ,Jetzt gehörst du zur Familie‘. Bei einem weiteren Vorfall seien neue Beamte im Oktober gezwungen worden, extra scharfe Currywurst zu essen.“
Presse: MDR | nd | ZDF | Welt -
Montag, 25.08.2025
Das Rechercheportal Rhein-Main Rechtsaußen hat die ersten beiden Artikel der Serie „Vorwärts in die Sklaverei, Proprietarismus im Aufwind“ zur „Hayek-Gesellschaft“ und ihrem Umfeld veröffentlicht.
In Teil 1: Fanatisch für neue Märkte geht es um die Träume der Superreichen von staatsfreien Privatstädten, um die Frage, was hinter der proprietaristischen Ideologie steckt und darum, warum dieses Milieu aus Antifaperspektive relevant ist. „Wir bezeichnen diese Szene und ihre Ideologie als Proprietarismus: Die Überhöhung des Eigentums (lat. proprietas) ist ihr ideologischer Fixpunkt. In der Finanzmetropole Frankfurt am Main begegnen sich verschiedene Strömungen dieses Spektrums, das längst Bewegungscharakter hat und dessen Einfluss stetig zunimmt.“
Teil 2: Die Erben Hayeks beschäftigt sich mit den rechtsradikalen Verstrickungen der „Hayek-Gesellschaft“, die ein Sammelbecken für AfD-Mitglieder bildet. „Heute ist die Hayek-Gesellschaft aktiv wie nie. Im Juni 2024 richtete sie in Hamburg den Kongress »Hayek-Tage 2024« aus, auf dem sie den extrem rechten argentinischen Staatspräsidenten Javier Milei mit der »Hayek-Medaille« auszeichnete. Dass Milei persönlich nach Hamburg reiste, um den Preis entgegenzunehmen, kann die Hayek-Gesellschaft als politischen Coup verbuchen. Milei wurde vom Publikum mit »Libertad!«-Rufen gefeiert. Anwesend waren unter anderem Hans-Georg Maaßen von der WerteUnion und Beatrix von Storch von der AfD, beide sind Mitglieder der Hayek-Gesellschaft.“. Ein weiterer Fokus des Artikels liegt auf dem „Hayek-Club Frankfurt“ und seinem „rechten Kulturkampf gegen Sozialstaat, Nachhaltigkeitspolitik, Linke und »Wokeness«“.
Der Sitz des „Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft e.V.“ ist in Freiburg. In den nächsten Teilen der Artikelserie soll es um kapitalistische Jugendkulturen und um die Crash-Propheten der Atlas-Initiative gehen. -
Dienstag, 26.08.2025
Die Hamburger Morgenpost berichtete am 23. August über eine Anzeige der Hamburger AfD in den „Burschenschaftlichen Blättern“ (BBl), der Verbandszeitschrift der „Deutschen Burschenschaft“ (DB). Alles kein Zufall: Seit dem „Burschentag“ 2024 ist Kevin Dorow von der „Hamburger Burschenschaft Germania“ deren „Schriftleiter“, da ist die AfD nicht weit. Dorow setzte sich in einer Kampfabstimmung mit 56 zu 23 Stimmen gegen den ehemaligen V-Mann und ehemaligen „Schriftleiter“ Norbert Weidner von den „Raczeks Bonn“ durch.
Die MoPo reagierte auf eine Pressemitteilung des Hamburger Bündnis gegen Rechts vom Vortag, in dem die AfD-Suche nach einem „Referent für Social Media (gleich welchen Geschlechts)“ in der BBl-Ausgabe skandalisiert wird. In der gleichen Ausgabe sucht die Hamburger AfD-Fraktion sogar einen „Stellvertretenden Pressesprecher“, also ein Gesicht nach außen.
Völlig freiwillg und unentgeltlich erhalten die BBl und andere korporierte Medien Beiträge aus Freiburg in Wort und mit Gesicht: Der Psychologie-Doktorand Wilhelm Gros hilft eifrig bei der Verklärung der Korporationsgeschichte. Gros ist Mitarbeiter des „Uniseums“, des offiziellen Museums der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und liefert den Korporierten Geschichten und Fotos für ihre Verbandszeitschriften.
Die Folgen des korporierten Treibens – Kolonialismus und Freikorps, zwei Weltkriege und der Holocaust – bleiben bei Gros unerwähnt. Beim „Gästeführer des Uniseums“ sind alle Gäste willkommen: Vom frommen Katholiken bis zu zum strammen Nazi.
Der „Kartellverband“ (KV) bewarb im Winter 2024 die Führungen von Gros. Ebenso der „Cartellverband“ (CV), der in seiner Verbandszeitschrift „Academia“ 5/2024 ein ausführliches Interview mit Gros abdruckte. Für die „Burschenschaftlichen Blätter“ 03/2024, der DB-Verbandszeitschrift, griff Wilhelm Gros gleich selbst zur Feder und verbreitete „Karzerheldenanekdoten“. -
Mittwoch, 27.08.2025
Das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart nach § 129a StGB gegen die „Gruppe Somogyi“ vom November 2023 ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof bestätigen das Urteil des 5. Strafsenats des OLG Stuttgart und verwarf den Revisionsantrag der Verteidigung. Die Stuttgarter Zeitung hat aus diesem Anlass nochmal an die drei Highlights des Prozesses erinnert: Ulf Rösener, Marcel Wiedecke und Paul-Ludwig Ulbrich.
„Zehn der einst 13 Angeklagten verurteilten die beiden Richterinnen und drei Richter im November 2023 zu teilweise langen Haftstrafen. Ein Beschuldigter nahm sich in der Untersuchungshaft das Leben, ein Angeklagter verstarb während des 31 Monate dauernden Gerichtsverfahrens. Paul-Ludwig [Ulbrich], ein sich selbst den Ermittlern anbiedernder Spitzel, sprachen die Richter als Kronzeugen frei. Machten jedoch deutlich, dass sie seinen Aussagen keinerlei Glauben schenkten.“ -
Donnerstag, 28.08.2025
Der Verfassungsblog hat die Frage diskutiert, ob und wann die AfD-nahe „Desiderius-Erasmus-Stiftung“ staatliche Finanzmittel erhält. Anlass ist ein DES-Antrag auf Förderung in Millionenhöhe für das Haushaltsjahr 2026.
Seit Jahren versuchen nahezu alle Parteien und Gerichte die Kriterien so zu interpretieren und zu ändern, dass die DES kein Geld vom Staat erhält, was sie seit 2018 fordert. Bis 2021 galten nur Stiftungen von Parteien förderungswürdig, die mindestens einmal in Fraktionsstärke wiedergewählt worden waren. Dann bis 2025 solche, die mindestens dreimal wiedergewählt worden waren. Möglich machte dies das seit 2024 geltende und vom Bundesverfassungsgericht durch Urteile erzwungene Stiftungsfinanzierungsgesetz (StiftFinG).
Doch auch dieses Kriterium erfüllt die AfD mittlerweile. Das Gesetz definiert daher als zusätzliche Voraussetzung die „Verfasssungsfreundlichkeit“ der zu fördernden Stiftung. Ob dieser Hebel ausreicht, um die Auszahlung des Geldes weiterhin zu verhindern, wird vermutlich demnächst vor Gericht geklärt.
18 Millionen Euro pro Jahr fordert die DES unter Erika Steinbach allein aus dem Haushalt des Bundesinnenministeriums. In einzelnen Bundesländern wie Brandenburg bekommen die DES-Landesstiftungen bereits Geld vom Land. -
Freitag, 29.08.2025
In Heidelberg wurde am 18. August ein 29-jähriger Antifaschist vom Amtsgericht in allen Anklagepunkten freigesprochen. Er hatte am 8. Februar an einer Demonstration gegen einen AfD-Infostand teilgenommen und dabei ein Megafon benutzt, um seinen Protest auszudrücken. Dafür wurde er rechtswidrig von Bullen angegriffen und brutal festgenommen, wogegen er sich rechtmäßig in Notwehr verteidigte.
Dafür wurde der Antifa unter dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung sowie des tätlichen Angriffs auf und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte angeklagt. Im Prozess widersprachen sich die PolizeizeugInnen so sehr, dass keiner der Vorwürfe haltbar war. Die Staatsanwaltschaft plädierte noch auf fahrlässige Körperverletzung und Widerstand und forderte eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 50€, was vom Gericht verworfen wurde. -
Samstag, 30.08.2025
Im dritten Teil der Leipziger Tragikomödie um das „Corps Thuringia Leipzig“ im „Kösener Senioren-Convents-Verband“ (KSCV) hatte sich das „Corps“ mit der „Landsmannschaft Plavia-Arminia Leipzig“ im „Coburger Convent“ (CC) immerhin verbal duelliert, weil die Landser sich im zweiten Teil in das „Corpshaus“ eingezeckt hatten. Vakant war das Leipziger „Corpshaus“ allerdings nur, weil einige Renegaten des „Corps“ sich im ersten Teil verschworen, den „Hausverein“ übernommen, das „Corpshaus“ besetzt und das „Corps“ rausgeworfen hatten. Aber was ist eigentlich ein „Corps“? Wer gehört dazu? Wer entscheidet, wer dazugehört? Im vierten Teil werden wir uns diesen Fragen nähern, unser Korpowissen aufpolieren, unsere Neugierde befriedigen und unserer Schadenfreude Ausdruck verleihen. Alles wie immer.
Also: was ist ein „Corps“? Eine mögliche Antwort ist die gleiche, wie bei den meisten anderen Verbindungsarten auch, nämlich: zwei Vereine. Die sind oft sogar ins Vereinsregister eingetragen: der „Altherrenverein“ und der „Hausverein“. Vereinfacht gesagt, gehört dem ersten die Ehre und dem zweiten das Haus. Der zweite ist also erheblich reicher als der erste. Aus diesem schnöden Grund haben die „lieben Corpsbrüder“ der „Thuringia“ den „Hausverein“ im April 2024 übernommen. Fortan stand die Staatsmacht dem „Hausverein“ zur freien Verfügung, um „die andere Seite“ des „Corps“ wegen Hausfriedensbruchs aus dem „Corpshaus“ werfen zu lassen. Aus dem gleichen schnöden Grund wurde das „Corpshaus“ vom „Hausverein“ im Juli 2025 an eine opportunistische „Landsmannschaft“ im „Corburger Convent“ vermietet. Bei Geld hört unter Korporierten die Ehre auf.
Aber wer macht so etwas? Wer ist so ehrlos, dass selbst die Antifa Schwierigkeiten hat, seinen ruchlosen Charakter zu überzeichnen? Unter anderem der Mainzer AfD-Stadtrat Jürgen Wiedenhöfer, der zusammen mit Hartmut Dörner und Steffen Päßler am 29. Juni 2024 vom „Altherrenverein“ der „Thuringia“ ausgeschlossen wurde. Und wer so ein richtig ehrloser „Alter Herr“ ist, der belässt es nicht bei Veruntreuung und Unterschlagung kollektiver Ressourcen. Der will nicht nur das Haus, der will auch die Ehre. Und ist der Ruf erst ruiniert, so klagt es sich ganz ungeniert. So wie Norbert Waldinger mit seiner Zivilklage gegen die „Studentenverbindung Corps Thuringia Leipzig vertreten durch den Vertreter Lukas Hauschild“ vor dem Landgericht Leipzig (Az.: 08 S 134/24, Urteil vom 25.07.2025 mit Bezugnahme auf Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 09.04.2024, Az.: 117 C 3277/23).
Die frohe Kunde über einen weiteren Erfolg vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit wollte „Dr.-Ing. habil. Päßler“ seinen „lieben Corpsbrüdern“ natürlich nicht vorenthalten. Ganz im Gegenteil: Päßler hat sich in seiner Rundmail vom 07.08.2025 (als PDF) als zweiten Vorsitzenden des „Altherrenvereins“ selbst reinthronisiert. Per Landgerichtsbeschluss kassierte Waldinger den vor mehr als zwei Jahren (!) am 24. Juni 2023 gefassten Beschluss der vor einem Jahr rausgeworfenen Mehrheit des „Corps“, Päßler als stellvertretenden „Altherrenvorsitzenden“ abzuwählen. In einem kongenialen Villain-Move klagt Päßler den so Entmündigten auch noch sein Leid ob der Last des neuen alten Amtes: „Eigentlich würde man jetzt erwarten, dass ich mich auf das Amt freuen würde. Dem ist aber nicht so.“
Nicht nur Päßlers Absetzung ließ Waldinger widerrufen (wobei es noch Streit gibt, ob die Absetzung nicht später vielleicht doch noch korrekt beschlossen wurde, siehe FCC weiter unten). Auch andere Beschlüsse wurden vom Gericht gekippt: Kein Kampf um Ehre ohne Kapitel zu Rache. In diesem Fall die Aberkennung der „Ehrenmitgliedschaft“ per Landgerichtsbeschluss, die dem „Alten Herren“ Michael Schlicht „wegen seiner vielfältigen Verdienste“ vom „Corps“ verliehen worden war.
Als Kirsche bei der Tortung fordert der frisch gebackene zweite „Altherrenvorsitzende“ auch noch vom „Corps Convent“ (CC), gefälligst über die von Waldinger aufoktroyierte Aberkennung der vom CC verliehenen „Ehrenmitgliedschaft“ eigenhändig und bitte schön postwendend beim „Kösener“ Dachverband artig Meldung zu machen: „Erstens ist Schlicht ist nicht mehr EM, genau genommen war er es nie, da seine Wahl rechtswidrig erfolgte. Ich fordere den CC hiermit auf, unverzüglich seinen Meldepflichten gegenüber dem KSCV nachzukommen.“
Aber was war denn nur passiert? Was ist bei jenem vielbesungenen „Feierlichen Convent des Corps Thuringia Leipzig“ (FCC) am 16. Dezember 2023 bloß geschehen? Schon die FCC-Tagesordnung vom 16.12.2023 (als PDF) liest sich wie eine Ankündigung feinsten Hauen und Stechens. Und erst das FCC-Protokoll vom 16.12.2023 (als PDF): Intrigen! Winkelzüge! Kampfabstimmungen! Ach ja: und der „Neueinsatz einer Sonderkommission in der Sache ,Nazi-Porno-Chatgruppe‘“. Dabei war das doch alles ganz harmlos, „lediglich die Beiträge des Herrn [Sebastian] Paudler hatten einen nationalsozialistischen Charakter“. Behaupten zumindest die Nazis.
Ob das jetzt der letzte Teil dieser Korpogeschichte war? Liegen endlich alle Fakten auf dem Tisch? Ist schon alles über das „Corps“ gesagt? Wurden bereits alle eingerissenen Visitenkarten überreicht? Wurden tatsächlich schon sämtliche Fehdehandschuhe in dieser bisher enttäuschend unblutigen Vendetta geworfen? Oder schlummern in der neueren und neuesten Geschichte des „Corps Thuringia Leipzig“ im „Kösener Senioren-Convents-Verband“ noch weitere fiese Gemeinheiten und bis dato ungeahnte Verschwörungen, die vielleicht niemals erzählt werden können? -
Samstag, 30.08.2025
Auf Wikipedia wird seit 2015 eine Liste der korporierten Bundestagsabgeordneten (Archiv) geführt, die am 28. August zur Löschung vorgeschlagen wurde. Wie so oft strotzt auch diese Löschdiskussion vor echter Ignoranz, teilweise dürfte sie aber auch politisch motiviert sein.
Angelegt wurde der Artikel 2015 (wie zahlreiche andere Wikipedia-Artikel zu Korpothemen auch) von Rüdiger Döhler alias „Mehlauge“. Der 2022 „nach langer, schwerer Krankheit“ gestorbene Arzt war „Alter Herr“ des „Corps Palaiomarchia-Masovia Kiel“ im „Kösener Senioren-Convents-Verband“ (KSCV).
Wir haben nach der Wahl eine Meldung zu den CDU-Bundestagsabgeordneten und eine zu den AfD-Bundestagsabgeordneten geschrieben. Mittlerweile hat die „Deutsche Burschenschaft“ bestätigt, dass der AfD-MdB und ehemalige „Alte Herr“ des „Corps Berlin“ Steffen Kotré inzwischen DB-Mitglied der „Berliner Burschenschaft Gothia“ ist. -
Sonntag, 31.08.2025
Der „Arbeitskreis der Studentenhistoriker“ (AKSt), ein Zusammenschluss korporierter Geschichtsinteressierter mit naheliegendem Steckenpferd Studentenverbindungen, plant vom 17. bis 19. Oktober 2025 die „85. deutsche Studentenhistorikertagung“ in Marburg. Die Tagung wird in Kooperation mit der „CV-Akademie“ des „Cartellverbands der katholischen deutschen Studentenverbindungen“ (CV), der „Gemeinschaft für Deutsche Studentengeschichte“ (GDS) und dem „Convent Deutscher Akademikerverbände“ (CDA) organisiert.
Eine solche „Studentenhistorikertagung“ sollte für korporierte Hobbyhistoriker ein Anlass zur Freude sein! Aber nein, es ist mal wieder zum Greinen:
„Die wissenschaftlichen Vorträge, das Treffen der jüdisch-paritätisch Korporierten und die Regularien unseren Arbeitskreises werden wir im Ambiente der legendären Studentenromantik ansiedeln, die Marburg unverändert umweht, so sehr der sozialistische Ungeist der ’68er Jahre auch wütete. Seine Fortsätze sind durchaus auch heute noch vorhanden, was dazu führte, daß nach klandestinen Drohungen inzwischen der Festakt für den CDA abgesagt wurde.“
Wir sagen: Kopf hoch, Marburg! Eine „Studentenhistorikertagung“ kann doch auch ohne „Festakt des CDA anläßlich seines 75jährigen Bestehens“ am Freitag um „16 h.s.t.“ in der Universitätskirche schön sein! Zumal der CDA bezüglich Festakten in Kirchen den Unterschied zwischen antifaschistischem Protest und Widerstand doch bereits 2023 gelernt hat, als die Frankfurter Paulskirche für Burschenpropaganda plötzlich nicht mehr zur Verfügung stand.
Aber auch ohne Kirche verfügen die Korporationen in Marburg über ausreichend privaten Immobilienbesitz: Freitag sind zwei Vorträge in dem „Wolfsburg“ genannten Haus der „Turnerschaft Schaumburgia Marburg“ im „Coburger Convent“ (CC) angekündigt. Die eigentliche Tagung soll am Samstag „auf dem Haus” der „Landsmannschaft im CC Nibelungia Marburg“ stattfinden. Und für Sonntag ist nach dem Sektfrühstück noch ein Vortrag „auf dem Haus“ des „Corps Hasso-Nassovia“ im „Kösener Senioren-Convents-Verband“ (KSCV) geplant.
Der Grund, warum die Korporierten diese Immobilien immer noch besitzen, ist ihre nationalsozialistische Vergangenheit. Die „Schaumburgia“ hieß damals „Kameradschaft im NSDStB Wolfsburg Marburg“, die „Nibelungia“ war die „Kameradschaft im NSDStB Nibelungen Marburg“ und das „Corps Hasso-Nassovia“, das schon 1933 „Führerprinzip“ und „Arierparagraph“ einführte, die „Kameradschaft im NSDStB Allmenroeder Marburg“.
Den Auftakt zur Tagung soll ein Vortrag von Bernhard Grün zum Thema „Kameradschaften“ machen: „Zwischen Revolution und Rekonstitution. Das Kameradschaftswesen an den deutschen Hochschulen 1937 bis 1945“. Einen Auftaktvortrag zu diesem Thema ausgerechnet in der „Wolfsburg“ zu halten, dem „Kameradschaftshaus“ der gleichnamigen „Kameradschaft“ im „Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund“ (NSDStB), ist unverfroren schamlos. Grün ist Mitglied im CV und laut Tagungsankündigung auch der „Deutschen Burschenschaft“ (DB).
Auf Grün soll der DB-Nazibursche Bernhard Schroeter von der „Burschenschaft Frankonia Erlangen“ folgen. Er präsentiert Geschichtsklitterung vom Feinsten: „Gerufen von der Republik – Korporierte im Freikorpseinsatz von der Novemberrevolution bis zum Versailler Vertrag“. Schroeter trat schon im Juni 2016 in die AfD ein, Mitgliedsnummer: 10611574.
Dreisterweise forscht der langjährige Hauptorganisator der Tagung zum „Widerstand im Dritten Reich“: Der konservative Journalist Sebastian Sigler vom „Corps Masovia Königsberg zu Potsdam“ und dem „Corps Guestphalia Halle“ im KSCV arbeitete 2019 für den damaligen AfD-Bundestagsabgeordneten Jürgen Braun und schrieb für Roland Tichys rechtsradikalen Hetzblog „Tichys Einblick“.
Als „Festredner“ ist der 1951 geborene drittklassige österreichische Schauspieler und Synchronsprecher Raimund Lang eingeplant. Lang ist als „MKC, ÖCV“ angekündigt, also als „Alter Herr“ diverser Verbindungen im österreichischen „Mittelschüler-Kartell-Verband“ (MKV) und im „Österreichischen Cartellverband“ (ÖCV). Weitere ReferentInnen sind im „Weinheimer Senioren-Convent“ (WSC), im „Schwarzburgbund“ (SB) und in noch obskureren Verbindungen. Der „Arbeitskreis der Studentenhistoriker“ ist eben offen für das gesamte Verbindungsspektrum – von christlich bis rechtsradikal. Entsprechend wird er antifaschistisch bekämpft.